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EIN GEIGERZÄHLER, EIN MIKROCOMPUTER UND ICHArticulum in partes tres divisum est (Folge 3) von Reinhard Schrutzki
In den beiden vorherigen Folgen haben wir uns damit beschäftigt, einen handelsüblichen Geigerzähler an einen Computer anzuschliessen, um damit auswertbare Daten zu erhalten. Die hardwareseitigen Probleme dürften damit geklärt sein, wo noch welche auftauchen, steht das LABOR-Team gerne zur Seite, Brief mit frankiertem Rückumschlag und ausführlicher Problemschilderung reicht völlig. Die Adresse muss sich irgendwo in diesem Datenwust verstecken, bitte suchen. Das nächste Problem, auf das wir stoßen, ist die Softwarefrage. Irgendwie muß unser Computer ja etwas mit den gemessenen Knacks anfangen können. Und dazu brauchen wir bekanntlich eine Folge von Anweisungen, die den Rechner veranlassen, das von uns Gewünschte zu tun, kurz, ein Programm. Wie immer im Leben, gibt es hier die verschiedensten Methoden, um ans Ziel zu kommen. Welche davon die Richtige ist, hängt in erster Linie vom Typ des Rechners ab, in zweiter Linie vom Typ, dem der Rechner gehört. Wer nur BASIC beherrscht, sollte die ganze Sache erstmal ad acta legen und Assembler pauken. 1 MHz Taktfrequenz in Verbindung mit BASIC reicht nicht ganz aus, um etwas Sinnvolles zu messen, wenn tatsächlich eine KNZHK (kleinste nicht zu hoffende Katastrophe, auch GAU, grösster anzunehmender Unfall, genannt) im heimischen AKW vom Stapel gelassen wird. Eine schnelle Programmiersprache muß zumindest verfügbar sein, beispielsweise Pascal, C, Assembler oder sonstiges, sofern schnell genug in der Ausführung. Je schneller der verwendete Rechner wird, desto geringer wird dieses Problem. Auf einer CRAY Dray würde es sogar mit BASIC gehen. Da wir bisher eher etwas naiv an die ganze Sache herangegangen sind, sollten wir an dieser Stelle einen Interrupt auslösen und uns ansatzweise darüber klarwerden, was wir da eigentlich tun. Wir haben, soviel wissen wir, eine elektronische Baugruppe, die radioaktive Strahlung mißt, an unseren Compi gestöpselt. Aber - was messen wir da eigentlich? Radioaktive Zerfälle erzeugen Strahlung, wie wir aus der Schule wissen. Die Strahlung wiederum zerfällt in drei Gruppen: Alpha, Beta und Gamma. Alphastrahlung ist nicht einmal in der Lage, Papier zu durchdringen, Beta ist etwas kräftiger und kommt durch einige Zentimeter Holz hindurch. Am Gefährlichsten ist Gammastrahlung, nur ausreichende Meter Blei oder Sickerbeton schirmen genügend ab. Allen drei Arten gemeinsam ist die perfide Angewohnheit, in Materie beliebiger Art weitere Zerfälle auszulösen, also beliebige Dinge zu verseuchen. Hinzu kommt die Eigenschaft von organischer Materie, wie zum Beispiel Nüsse, Menschen und Kühe, strahlende Teilchen aufzunehmen und zu sammeln. Spätestens seit Tschernobyl sollte das zum normalen Kreuzworträtselwissen gehören.
Und noch ein weiterer Exkurs: Wer viel mißt, mißt viel Mist,
sagt der Volksmund. Und recht hat er. Der Begriff MESSEN
bedeutet, physikalische Größen anhand allgemein gültiger
Kriterien zu vergleichen. Seit Anfang der technischen
Wissenschaften ist man bemüht, diese Kriterien so
allgemeingültig wie möglich zu formulieren. Beispielsweise
galt bis Anfang der siebziger Jahre das Urmeter, ein in Paris
aufbewahrter Platinformstab von, Die Sekunde wiederum ist definiert als Soundsovielfaches der Wellenlänge der Strahlung, die von einem anderen Atom unter anderen Bedingungen ausgesandt wird, usw. Das ganze nennt sich SI-Einheitensystem, von STANDARDIZATION INTERNATIONAL, in Deutschland auch gerne MKS-System genannt, weil sich ALLE physikalischen Einheiten auf die sogenannten Basiseinheiten Meter, Kilogramm und Sekunde zurückführen lassen. Diese Umgestaltung (neudeutsch: Perestroika) der Maßeinheiten ist die Ursache dafür, daß wir nicht mehr von Kilopond, Bar, Atue, usw sprechen dürfen, sondern von Newton und Pascal. Newton ist die Einheit für die Kraft, das sind Kilogramm mal Meter pro Quadratsekunde. Pascal ist Newton pro Quadratmeter, usw... Entsprechend gibt es auch für Radioaktivität eine genormte Einheit, das Bequerel. Das sind Ereignisse pro Zeiteinheit, also Zerfälle pro Sekunde. Die Maßeinheit nennt sich Bq, oder 1/s im MKS-System. Womit wir beim nächsten Problem wären. Bequerel von was? Zum Beispiel von Luft. Wir halten unseren Geigerzähler in die Luft und messen die Zerfälle pro Sekunde...kn..knk..knkknkknk............. Nun ist Luft rein physikalisch gesehen ein Gas. Bei schönem Wetter haben wir hohen Luftdruck, einige Hektopascal. Bei schlechtem Wetter haben wir einige Hektopascal weniger. Folgerichtig haben wir bei gutem Wetter mehr Atome pro Quadratmeter als bei schlechtem Wetter, also auch mehr mögliche Zerfälle. Daraus folgt, daß wir uns Gedanken darüber machen müssen, wie wir trotz der Luftdruckunterschiede zu einem absoluten Ergebnis kommen können. Und diese Gedanken machen wir uns in der nächsten Ausgabe. Vordenken schadet nichts.
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[Contrib]
[Labor]
[Nummer 3]
EIN GEIGERZÄHLER, EIN MIKROCOMPUTER UND ICH